Ja es stimmt: die alpine Geschichtslandschaft ist gepflastert mit Helden und Heldentaten, mit erschreckenden Erzählungen über Unglück und Leid. Doch einmal genauer hingesehen kommen Details zum Vorschein, die uns Bergsteiger des 21. Jahrhunderts doch schmunzeln lassen. Hier ein paar Kostproben aus der Suppenküche des Alpinismus.
Denkbar Undenkbares #1
Die „hausmütterliche“ Montblanc-Braut
Henriette d’Angeville verdankte dem Montblanc ihre Unsterblichkeit, denn sie stieg als zweite Frau auf den höchsten Gipfel der Alpen. Anfang September 1838 begann die 44-jährige Aristokratin mit sechs Trägern und sechs Führern das dreitägige (!) Abenteuer. Bemerkenswert ist die Proviantliste, die die gute d’Angeville mit viel Umsicht besorgt hatte:
2 Hammelkeulen, 2 Ochsenzungen, 24 Hühner, 6 Laib Brot zu 3-4 Pfund, 18 Flaschen Bordeaux, 1 Flasche Kognak, 1 Flasche Sirup, 1 Fässchen gewöhnlicher Wein, 12 Zitronen, 3 Pfund Zucker, 2 Pfund Schokolade, 3 Pfund gedörrte Pflaumen, 13 Puddings, 13 Kürbisflaschen Limonade, 13 Kürbisflaschen Orangeade und 13 Töpfe Hühnerbouillon.
Die sieben Bergsteiger erreichten wohl gut genährt und angeheitert den Gipfel!
Denkbar Undenkbares #2
Höhenkrankheit oder schwer Verdauliches?
Schon Emil Zsigmondy wusste, dass die Höhenkrankheit in vielen Fällen nur eingebildet ist. So schreibt er 1885 in seinem Buch Die Gefahren der Alpen:
Was versteht man unter Bergkrankheit? Eine unüberwindliche Mattigkeit, Ekel, Erbrechen, Kopfschmerz, Athembeschwerden, nach Einzelnen sogar Blutungen aus Nase und Ohren, welche Erscheinungen durch geringen Luftdruck hervorgerufen sein sollen. […] Ich bin der Ansicht, dass die bei weitem grösste Zahl der Fälle von sogenannter Bergkrankheit einfache Magenkatarrhe sind, indem der aus der Stadt gekommene Tourist die Gebirgskost noch nicht gewohnt ist und einen akuten Magenkatarrh bekommt. Ich glaube […], dass der geringe Luftdruck kein Hindernis bildet, die höchsten Berge der Erde zu besteigen, wenn nur der rechte Mann käme, der den übrigen Hindernissen gewachsen wäre.
Tja, liebe Bergsteigerinnen und Bergsteiger von heute, sich auf die Höhenkrankheit hinauszureden gilt nicht mehr!
Denkbar Undenkbares #3
Jungfräulicher Besuch am Wilden Kaiser
Fritz Schmitt wusste schon 1941 lustige Geschichten rund um den Wilden Kaiser zu erzählen:
Im Allgemeinen sind in der Erstbegehungsgeschichte schwieriger Berge höflich die „ersten Besteigungen durch eine Dame“ oder die „ersten weiblichen Besuche“ erwähnt. […] Von der Ellmauer Halt ist uns aber ausdrücklich ein jungfräulicher Besuch überliefert, denn es steht schwarz auf weiß im alten Gipfelbuch zu lesen, dass am 18. Juli 1876 „die erste deutsche Jungfrau Therese Spegele“ auf der Spitze stand, und dass ihr zu Ehren „die hier befindliche Fahne aufgepflanzt“ wurde. Beglaubigt hat den Eintrag der Führer Johann Schlechter, genannt Madlhansl, im ganzen Sölland als Fachmann in Liebesangelegenheiten und im Kammerfensterln rühmlich bekannt; er musste es ja wissen!
(Gefunden in: Hans Witzmann, Kuriose Geschichten aus den Alpen. Karl Verlag, Berndorf 2014)
Diese Seite wird laufend ergänzt – glücklicherweise gibt es genug Kuriositäten in der Alpingeschichten-Schatztruhe…
Wir bedanken uns beim Archiv des Österreichischen Alpenvereins für die Unterstützung bei den Recherchen.